Liebe Eltern!
Habt ihr die Karte von der Hofwiese erhalten? Könnt ihr euch vielleicht noch entsinnen wie ich euch voriges Jahr auch eine Karte von der Hofwiese schickte, das war eine Winterlandschaft. Sonntags, den 15. fuhren wir mit den Meisterleuten vom Hauptbahnhof nach Langbruck. Es war ein schöner Spaziergang, es hat uns allen gut getan, denn frische Luft waren wir gewöhnt und brauchen sie sehr notwendig. Da habe ich auch an die Spaziergänge im Bockfließer Wald, dass war immer schön, gedacht. Und wißt ihr, die Meisterleute haben den Jakob eine warme Mütze und Pullover und andere warme Sachen noch gekauft und mir kaufen sie ein blauen Hut, damit wurden wir auch Sonntags photgraphiert und wenn die bilder schön werden, schicke dir welche. Frau Wittig ist sehr nett und kümmert sich um alles, was bei anderen Lehrling nicht der Fall sein wird.
Die Weintrauben kamen sehr schön bei uns an. Sie waren auch sehr gut verpackt und ob sie geschmeckt haben, das Rätsel wird nicht so schwer sein. Herr und Frau Rößler kosteten sie auch und zuckersüß waren die Beeren. Liebe Eltern, wegen dem Heimfahren kann ich nichts festes sagen wir haben auch sehr viel Arbeit und auch wir sind Soldaten im Inneren des Landes. Denn wenn wir nicht mehr kämpfen, können die Soldaten auch nicht mehr, weil sie keine Nahrungsmittel bekommen. Jetzt weiß nie= mand wie lang der Krieg dauert. Ja, wenn man hinter die Kulissen der Diplomatie hintergucken könnte.
Jedenfalls leistet unsere Wehrmacht etwas ganz großes.
Der Bruder war jetzt verkühlt? Das glaube ich schon, jetzt bei diesen nassen Wetter sind bei uns auch einige verkühlt. Ist er auch schon größer und stärker geworden und kann den Hammer schwingen. Was sagt der Herr Meißl zum Krieg, ist er noch immer so begeistert. Und der Bockfließer, der Friedl und seine Kamaraden, haben die noch immer Kampfesgeist. Jetzt mache ich Schluß, denn die Hauptsache kommt erst.
Ich wünsche der Mutter zum Geburtstag viel Glück, daß sie noch lange lebt und ihre beiden Söhne, wenn beide schon groß und tüchtig sind, noch so betreuen kann wie sie es immer machte. Wir schicken für die liebe Mutter einige Süßigkeiten, wie ich weiß, daß du sie liebst.
Jetzt recht herzliche Grüße von Eurem Sohn Karl
Heil Hitler.
Liebe Frau Glöckler!
Auch wir schließen uns dem Glückwunsch Ihres Sohnes an. Wir wünschen Ihnen von Herzen Gesundheit und, daß uns allen ein wohl baldiger Frieden beschieden sein möge, damit sie dann Ihren Sohn Karl wieder mal bei sich haben können. Als Geburtstags freude kann ich Ihnen sagen, Ihr Karl ist genau der liebe und brave Mensch, wie Sie ihn uns hergegeben haben. Er ist uns durch seinen ehrenhaften Charakter sehr ans Herz gewachsen. Nochmals besten Dank für die schönen Zeilen
Ihre Charlotte & Horst Wittig
Meine lieben Eltern, liebe Liselotte!
Wie versprochen, schreibe ich noch am selben Abend sofort zu euch, obwohl ich schon so müde bin, daß ich gar nicht mehr schauen kann. Bei euch und für mich ist es jetzt nach Mitternacht, aber hier geht gerade die Sonne unter. Der Flug war etwas abenteuerlich, er hat nämlich gleich eine Stunde später begonnen, aber gleich habe ich ein amerikanisches Ehepaar kennengelernt, die sehr lieb waren und sofort alles „lovely“ gefunden, nachdem sie gehört haben, daß ich aus Wien komme. Wir haben viel und wahnsinnig gute Sachen zu essen bekommen und die Zeit ist sehr schnell vergangen. Die Landung in Boston sieht so gefährlich aus, weil die Piste 3 m nach dem Wasser beginnt und man so tief fliegt, daß man glaubt, das Wasser zu streifen. Dann hab ich gleich gemerkt, daß ich in Amerika bin, weil die Polizisten wirklich aussehen, wie die Sherrifs aus einem Western. Ich war schon sehr müde und wie ich Mrs. Wilson gesehen habe, war ich sehr froh. Das muß sie gemerkt haben, denn sie hat mich gleich umarmt. Ihr braucht euch wirklich keine Sorgen zu machen, sie ist sehr nett zu mir. Ich muß mich wirklich erst bei Ihr hier eingewöhnen, denn es ist alles ganz anders.
Wir wohnen etwas außerhalb in einem „vornehmen“ (kein Spaß!) Viertel. Die Häuser sehen wie in den Filmen aus: mit Gärten, Holzverandas und Schiebefenster. Und natürlich einen großen Wagen vor der Tür. Die Wohnung selbst ist zwar alt, aber sehr groß und wirklich hübsch. Ich habe ein eigenes Zimmer mit Schreibtisch, Kommode, Stehlampe, Tisch, Zentralheizung, Bett und außerdem hat es einen kleinen Nebenraum, eine Garderobe, wo lauter Haken und Fächer sind, in dem man alles unterbringt. Ich habe mich schon häuslich eingerichtet und gebadet (das Bad ist ganz toll!). Eine Katze gibt es auch hier. Liebe Liselotte, vielen Dank für das Buch, ich hätte fast, nur fast!, geheult und auch Mrs. Wilson war ganz gerührt. Es ist hier richtig Sommer, alle kommen vom Segeln oder schwimmen und darüber bin ich froh, weil ich heuer sowieso keinen Sommer hatte. Im nächsten Brief werde ich genauer berichten. Bitte ruft Erni und Renate an, ich bin schon so müde.
Viele liebe Bussi an euch alle,
macht euch keine Sorgen, Martina
Liebe Eltern!
Ich Anfang meines Schreibens grüße ich Euch alle und hoffe, daß Ihr alle gesund seid. Wie Ihr vielleicht von meiner Karte wißt, bin ich in Dresden gut angekommen und auch in Wien hat alles geklappt. In meinem Abteil waren auch 4 Soldaten, das waren aber lustige Wiener. Noch ein Wiener Fräulein und ein älterer, biederer Herr. Bis über die Hälfte meiner Fahrtstrecke, in Breslau bin ich um 7 Uhr angekommen, habe ich gute Unterhaltung und Gesellschaft gehabt. Im Sudetengau hatten wir einige Zeit Aufenthalt, da konnte man sich 3 paar Würstchen und 2 Brötchen um 1 Mark, natürlich ohne Marken. Das war im Zug ein Gedränge und Wirrwarr. Und jeden dem wir begegnet sind, hatte Würstchen in der Hand. Das war ein nettes Bild „Aus der guten alten Zeit.“
Vor unseren Fenster flogen immer weitverscheite Felder und Wiesen vorbei. Dann kamen wir in Breslau an, da hieß es aber, der D-Zug nach Dresden-München ist schon abgefahren, weil wir Verspätung hatten. Da fuhren wir mit unserem früheren Zug nach Liegnitz. Von dort ging es dann mit einem Personenzug nach Görlitz. Auf der Landkarte könnt Ihr Euch die Straßen suchen, da seht Ihr vielleicht, was das für eine Bummelei war. Also wir kamen um 8 Uhr in Liegnitz an, fuhren um 10.Uhr-0,16′ Uhr nach Görlitz. Dort ging erst ein Zug um 4 Uhr früh Sonntags nach Dresden.
In Görlitz wartete ich im Saal 4 Stunden. Dann fuhr ich nach 3 Stunden bis nach Dresden. Da mußte ich stehen. Ihr könnt Euch ja denken, wie müde und schläfrig ich da war. Da bin ich öfters im Stehen eingeschlafen und in die Knie gegangen. Dafür schlief ich Sonntags und nachmittag gingen der Jakob und ich nach Neu-Stadt zum Meister. Jakob freute sich schon, daß ich kam. Auch die Meisterleute ließen sich bedanken für den Wein, Würstchen und Photographie. Auch bei Rößlers.
Bei uns, in Dresden, wars die 1. Woche auch noch so kalt, aber jetzt taut es und regnet es. Da habe ich einen schönen Urlaub gehabt. Ich freute mich sehr, daß Ihr, der Bruder, gesund seid und von den Schrecken des Krieges nichts gespürt habt. Wie geht es Jakob Onkel, Gidi Onkel, grüßt sie mir. Wo ist Jakob Onkel, wißt Ihr es schon genau. Der Erzgebirgler liegt jetzt in Dresden im Spital und ist an einem Bruch operiert worden. Grüße an Bruder. Und jetzt schicke ich mein Schreiben und sende Euch viele Grüße
Heil Hitler.
Karl.
Lieber Papa, liebe Mama ! Liebe Liselotte !
Auch ich habe schon wieder sehr sehnsüchtig auf einen Brief von euch gewartet, aber heute, endlich, hat es geklappt. Ich habe ganz vergessen, daß Liselotte in Buenos Aires war, sie soll mir schreiben, was sie erlebt hat.
Gestern, Sonntag, haben wir hier eine „Work-session“ gehabt, es waren 10 Leute, alles Freunde, hier und wir haben Weihnachtskarten gebastelt, die wir verkaufen wollen. Ich habe wieder etwas neues gelernt, nämlich Linolium schnitzen. Man zeichnet etwas auf ein Stück Linolium und kratzt es dann mit einem speziellen Messer aus. Dann bestreicht man das ganze mit schwarzer Tusche und druckt es auf Papier. Alle sagen, daß ich „sooo bagabt“ bin, kmhmmm! Ich habe gleich heute wieder eines gemacht.
Der Araber, dessen Haus abgebrannt ist, wohnt jetzt auch bei uns, bis er etwas anderes findet. Es ist sehr lustig und wir haben viel Spaß. Besonders am Abend, wenn alle nach Hause kommen und wir alle zusammen etwas kochen.
Am Donnerstag ist hier ein ganz spezieller Feiertag „Thanks-giving“, das glaube ich fast ein größerer Spektakel als Weihnachten ist. Alle laden ihre besten Freunde ein und haben ein großes Mahl (alle essen Truthahn an diesem Tag) am Abend. Ich bin schon neugierig, obwohl ich mich auf den Truthahn ja nicht soo besonders freue.
Ein Zip bei einer Hose ist mir ausgerissen, aber ich habe eine Putzerei gefunden, die solche Sachen machen. Allerdings hat es 60 Schilling gekostet.
Über die Wäsche braucht ihr euch keine Sorgen machen. Ich hätte nicht gedacht, daß es so gut klappt. Ich lasse mir nie viel zusammenkommen, sondern wasche es gleich. Das heißt, ich schmeiße es ganz einfach in die Waschmaschine, und bügle es am nächsten Tag.
Ratet übrigens, wer mir geschrieben hat. Der Martin! Könnt ihr euch noch erinnern? Einen 7 Seiten langen Brief, daß er sich schon freut, mich wiederzusehen und so Blabla.
Die Hochzeit von Prinzessin „Ann“ habe ich nur teilweise gesehen, weil wir ja eine Zeitverschiebung haben und die Übertragung (erst) schon um 5h früh begonnen hat. Ich bin aber erst um ½ 8h aufgewacht (meine übliche Zeit hier), dann sind wir aber alle zum TV gestürzt.
Ich bin schon neugierig, was Renate mir über das Baby schreiben wird und freue mich, daß meine Freundinnen euch besucht haben.
Mit dem Heizöl gibt es auch hier Schwierigkeiten, Nixon schwingt dauernd reden, daß wir sparen sollen. Laßt alle besonders grüßen, Großmutter, Großvater, alle Mederitschs und Resi-Tante. Bis zum nächsten mal, alles Liebe und viele Bussi an euch alle,
Eure Martina
P.S.: Ich muß euch etwas schreckliches gestehen, ich habe ange- fangen zu rauchen. Ann raucht nämlich. Aber nur nach dem Essen, dafür kann ich regelmäßig jeden Tag aufs Klo gehen. Erni und Renate rauchen übrigens auch.
Liebe Eltern!
In diesem Brief muß ich mich für den Brief vom 15.8., drei liebe Päckchen von 13.9. und der Luftfeldpost vom 14.10. aufs Herzlichste bedanken. Dieses mal müßt ihr mir schon verzeihen, daß ich so lange kein Sterbenswörtchen von mir hören lies. Habe einen schweren Einsatz hinter mir. Manch guter Kamarad mußte hier sein junges Leben lassen. Und etliche warteten im Lazarett. Wir sind jetzt mit unserem Fahrzeug zur Reparatur in der Werkstatt, haben einen Schaden am Motor, welcher in einigen Tagen behoben sein wird.
Jetzt erhielt ich erst meine Urlaubsphotographie von Dresden, mußte auch sehr lange warten. Aber gefreut habe ich mich sehr darüber, denn sie sind sehr gut ausgefallen. Frau Wittig meint, ich hätte darauf so ein wichtiges Schmatzgoschl. Dann erhielt ich auch ein Päckchen von Wittigs mit Pfefferchen, Puddingpulver, Zucker und v. m. Auch ein Film war wieder dabei, leider und ich hab keine Photo mehr. Ich könnte mich jetzt erst schwarz darüber ärgern. Dann bekam ich auch von Pepperl ein Schreiben. Ich denk er wird genau wie ich überraschend auf Urlaub kommen. Jetzt wird er auch noch schönes Wetter haben. Wir haben auch hier einen sehr lieben Spätherbst. Sonst bin ich auch wohl auf, was ich auch Euch wünsche und hoffe.
Nun herzliche Grüße
Euer Sohn Karl.
Lieber Papa, liebe Mama !
Ich habe euren Brief schon vor ein paar Tagen erhalten, komme aber heute erst dazu euch zu schreiben. Ihr seid mitten in euren Urlaubsfreuden und ich hoffe ihr genießt es sehr. Ich glaube, ich bekomme eine Verkühlung. Ich habe Halsweh und meine Nase rinnt. Es ist unglaublich, aber es ist einfach immer Sommer hier. Ich bin schon 2 Monate hier, und Es hat nicht einmal geregnet. In der Früh, wenn ich aufwache, schaue ich gar nicht mehr zum Fenster hinaus, denn die Sonne scheint todsicher. Steffi hat mir 3 sehr schöne Kleider geschenkt, 2 davon bodenlang. Habe ich euch erzählt, daß wir 4 Katzen haben? Sie haben sich sehr an mich gewöhnt, weil ich sie regelmäßig füttere (alle anderen vergessen und die Kinder sekieren sie nur) und folgen mir überallhin. Nachts schlafen sie bei meinen Füßen am Bett. Sie sind alle schwarz.
Was sagt ihr zu Nixon? Es kam ziemlich überraschend, aber niemand hier scheint sich besonders aufzuregen. Alle sind stolz, daß „Ihre“ Demokratie wieder heil ist. Vorher haben alle auf N. geschimpft, jetzt plötzlich tut er allen leid.
Also, genießt weiter Eure Erholungspause!
Viele Bussi,
Eure Martina
P.S.: Viele liebe Grüße von Steffi und Jimmy.
Die ganze Zeit hab ich daran gedacht, und doch vergessen, lieber Papa, ein extra Bussi zu deinem Geburtstag und zu eurem Hochzeitstag! Mir ist gerade eingefallen, daß euch der Brief vielleicht nicht mehr in Kärnten erreicht.
Liebe Eltern!
Habe Euren Brief vom 31.3. heute am 9.4. dankend erhalten. Ich habe Euch schon vor längerer Zeit geantwortet, aber die Post ist jetzt viel länger unterwegs. Von Pepperl bekam ich auch erst Post. Habe noch keine Einberufung. Grüße von Karl.
Familie Glöckler
Bockfließ 196
Niederdonau
Meine Lieben!
Heute habe ich endlich Post von Euch bekommen, das heißt, vor ein paar Tagen ist auch die Karte gekommen.
Wir waren wieder ein paar Tage am See, ich bin viel geschwommen u. der Jimmy ist gesegelt. Die vergangenen 2 Wochen waren etwas kühler, und der Herbst hat sich schon angekündigt. Einzelne Blätter verfärben sich und am Abend ist es kalt gewesen, besonders am See. Aber seit ein paar Tagen ist es wieder sehr heiß, ich bin ständig feucht. Dieses Wochenende waren J.‘s Eltern in New York und wir haben das Haus hier „geschaukelt“, wir haben für die Großmutter gekocht, sie ist schon etwas verloren und jemand muß immer zu Hause sein. Gestern war Chris (das ist die Schwester, die in Wien war) mit ihrem neuen Freund hier und wir waren zusammen essen. Ansonsten sind wir sehr faul. Nächste Woche fahren wir vielleicht nach New York. J. hat eine Schwester dort.
Haben die lieben Dütschs unsere Tür gestrichen? Ich hoffe nicht, wenn ja, muß ich den Jimmy seelisch vorbereiten.
Ich habe mir übrigens die Haare schneiden lassen. Ich wollte sie ganz kurz, aber der Friseur hat sich geweigert, er hat behauptet, das passt mir nicht. Jetzt habe ich vorne Stirnfransen und hinten kurz.
Hoffentlich arbeitet ihr nicht zuviel und Habt noch ein paar schöne Wochenende.
Viele Grüße an alle Bockfließer, und viele Bussi an Euch,
Eure faule Martina
+ Jimmy
P.S.: Danke Liselotte für den Brief! Ich schreibe irgendwann.
Liebe Eltern!
Hiermit bekommt Ihr von mir die erste Post aus Rußland. Am 30.6. ging es um 5 Uhr von Königsbruck ab. Wir fuhren über Cottbus und dann immer weiter ins Feindesland in Richtung Ostrawa. Vor einer halben Stunde passierten wir die Russische Grenze. Hier werden die Spuren des Krieges immer deutlicher. Neben dem endlosen Schienenstrang liegen öfters noch ausgebrannte Wagen und sonstige Teile von ehemaligen Zügen. Vernichtete Bunker, spanische Reiter und Tanksperren liegen im Gelände herum. Dann erst der Betrieb auf den größeren Bahnhöfen. Transportzug reiht sich an Transportzug. wir trafen schon italienische und ungarische Gruppen unterwegs, die auch alle an die Front wollen. Wir fuhren bis jetzt ziemlich schnell, denn in zwei Tagen erreichten wir die russische Grenze. Das ist auch eine „Fahrt ins Blaue“. Vierzig Mann sind in einen Viehwagon verfrachtet. Als Wandschmuck hingen wir Kabel, Brotbeutel, Stahlhelm und sonstiges Gerät an Nägel. Dieses Leben und Treiben könnt Ihr Euch vielleicht ungefähr vorstellen. Der Höhepunkt dieser Tragödie ist das Schlafengehen. wie die Heringe liegen wir am Boden und auf Bänken. Schlafen wir mal ein, so schmerzen uns beim erwachen sämtliche Knochen. Bei tags ist alles am Wagentor auszuhalten. So vergehen die paar Tage, wo wir unterwegs sind. Jetzt könnt Ihr nicht schreiben: Erst wenn wir Feldpostnummer haben.
Nun herzliche Grüße von Eurem
Sohn Karl.
Hallo, meine Lieben!
Da sind sie endlich die Bilder von der Wohnung! Heute ist Samstag, wir haben gerade aufgeräumt und dann eine Dusche genommen. Es ist der erste Tag wo alles seinen Platz hat und ich mich halbwegs zu Hause fühle.
Die Blumen auf den Bildern sind alle von Jimmys Mutter von ihrer Veranda u. machen sich sehr schön bei uns. Die Küche ist vom Wohnzimmer, bei dem man herein kommt, nur durch eine Art „Ballustrade“ abgeteilt u. die Hängepflanzen teilen das Ganze etwas mehr. Die Bilder sind etwas dunkel u. in Wirklichkeit wirkt es viel heller. Alle Häuser rundherum sind nämlich niedriger und so kommt viel Licht herein. Über uns ist gleich das Dach, ein Flachdach, und bei der Küche ist ein Hinterausgang, wo man über die Stufen aufs Dach hinauf kann. Am Abend gehen wir manchmal hinauf Luft schnappen und man hat ein sehr schöne Aussicht über Boston. Vom mittleren Zimmer ist ein Durchgang zum vorderen Z., das auf die Hauptstraße hinaus geht (=HAMPSHIRE ST.). Das hat den Vorteil, daß ich nicht weit zum Autobus habe, dafür ist es sehr laut. Das Schlafzimmer geht nämlich auch da hinaus. Die Wände, Türen und Fenster sind alle weiß. Vorhänge müssen wir erst aufmachen. Ich habe hier nur ca. 30 min. zur Arbeit, dafür muß ich 2x umsteigen. Zuerst fahre ich 4 Stationen mit dem Autobus u. dann mit der Untergrundbahn, die ich auch wechseln muß. Die Böden haben wir doch nur gestrichen und nicht versiegelt, weil das Holz es nicht wert war. Im mittleren Zimmer liegt der Strohteppich den wir früher im Schlafzimmer gehabt haben. Der Küchentisch war ein Geschenk von Jimmys Eltern. Mein Arbeitstisch mehr od. weniger auch. Er ist im Keller herumgestanden u. hat früher einem von den zahlreichen Söhnen gehört. Ich kann ihn gut gebrauchen.
Unter uns wohnt auch ein junges Paar, was sehr angenehm ist, weil sie ebenfalls laut Musik spielen. Sie haben auch eine Katze, die gerade 5 Junge gehabt hat, die zwar sehr lieb sind, aber wenn man die Stiegen herauf kommt, einen etwas säuerlichen Geruch verbreiten. Die Mutterkatze kommt uns immer besuchen, bettelt um Milch, läßt sich streicheln u. geht wieder. In der Früh sitzt sie manchmal schon vor der Tür. Es gibt genug Geschäfte in der Nähe, auch einen Supermarkt, sodaß wir per Fuß einkaufen können. Die Heizung ist elektrisch, es gibt aber auch ein Holzofen für alle Fälle. Der Ofen in der Küche ist ein Gasherd und hat auch ein Abteil zum Heizen. Ich fürchte mich schon etwas vor dem Winter, ich habe nämlich Photos vom vorigen Jahr gesehen und das muß kein Spaß sein! Autos waren vollkommen eingeschneit u. niemand konnte für 1 Woche in die Arbeit gehen, das hat natürlich allen gefallen.
Jetzt wo der Jimmy alle Arbeit in der Wohnung gemacht hat, muß er endlich eine feste Arbeit suchen. Er hat Briefe an verschiedene Theater geschrieben, aber im Sommer ist keine Saison, wie bei uns. Ich muß jetzt aufhören. Ich hoffe, ihr habt Spaß mit den Photos und erkennt alles. Ich wünsche, ihr wäret hier. Na ja, so ist das Leben. Viele, viele Bussi, Martina + Jimmy
Liebe Eltern!
Habe Eure lieben Sachen alle erhalten. Die Briefe vom 15.VII und 30.VII, auch. Alle sechs Päckchen, die gut erhalten angekommen sind. Müßt diesmal schon verzeihen, daß ich längere Zeit nicht schreiben konnte, denn ich lag vom 7.-18. d.M. Im Lazarett. Der Arzt nannte mein Beschwerden ein Zungengrundabszeß. Der Name sagt Euch genug. Hätte bald operiert werden müssen, im letzten Augenblick ging das Geschwür auf. Der Arzt meinte ich hätte sehr großes Glück gehabt. Ich konnte kaum mehr sprechen, noch essen und trinken. Aber jetzt bin ich wieder frisch und munter.
Seit meinem letzten Schreiben, bin ich öfter versetzt worden. Ein richtiges Zigeunerleben. Erst kam ich von der Kompanie zum ersten Zug, welcher vorne an der Front eingesetzt war. Für vorn war es etwas unruhiger, wie eben Stellungskrieg ist, der Vater wird das ja kennen. Da war ich ungefähr eine Woche, da wurde ich plötzlich krank. Wie schon geschrieben lag ich elf Tage im Lazarett. Die letzten Tage war ich schon sehr unruhig, hatte noch immer keine Antwort von Euch. Wo wir schon über ein Monat vorne lagen. Freudig verließ ich mein Krankenbett und machte mich vor zu meinem Zug. Mit Staunen traf ich dort leere Bunker an. Nach Fragen bekam ich Auskunft. Angäblich wurde meine Kompanie 30 km nördlich bei Wjasma , wo der Russe mit stärkeren Kräften durchzubrechen versuchte, eingesetzt. Mit welchen Gesicht ich diese Auskunft entgegen nahm, könnt Ihr Euch bestimmt ausmalen. Da machte ich mich also auf den Weg. Zum Glück, war nur mein Zug weg und der Kompanietrupp lag noch am alten Platz. Mein erster Weg war gleich in das „Geschäftszimmer. Dort wartete nunmer viel, viel Post. Außer Euren lieben Sachen, war noch ein Brief und ein Päckchen von Dresden da. Ich war wunschlos glücklich.
Dem Bruder muss ich auch gleich schreiben. Er liegt südlich von meiner Division: – Wo wird das Haus hingebaut? Mit meinem Urlaub wird es nicht so schnell gehen. Wir werden ja sehen, was uns die Zukunft bringt. Natürlich wäre ich sehr neugierig auf daheim. Bin jetzt vor einem Jahr auf Urlaub gewesen, nicht. Ich hätte eine Bitte, könnt Ihr mir bei jeden Schreiben zwei, drei Briefe mitschicken, den meine Kuverts sind durch die Feuchtigkeit alle zugeklebt. Jetzt will ich mich für alle guten Sachen recht herzlich bedanken.
Gruß an alle Bekannte.
Recht herzliche Grüße von Eurem
Sohn Karl.
Meine Lieben!
Ihr werdet sicher schon auf einen Brief warten u. hier ist er endlich. Die erste Woche in der Arbeit hat es mich gleich ganz schön umgerissen, es ist immer das gleiche. In der Früh ist es jetzt noch finster, wenn ich aufstehe, das macht mir etwas zu schaffen. Kevin (mein Nachbar) hat mir schon Photos gezeigt, die er von uns gemacht hat, sie sind gut geworden. Wir haben 2 ausgesucht, die er vergrößert u. dann schick ich sie euch. Nach dem Flugplatz war ich bis spät bei der Marianne, ich war schon sehr traurig. Aber jetzt könnt ihr euch alles vorstellen u. außerdem angeben! Vorgestern, Samstag, war die Taufe von der kleinen Elisabeth. Sie war sehr brav u. hat gar nicht geschrien. Anschließend waren wir bei den Eltern Sekt trinken.
Gestern war ich mit Cindy Äpfel pflücken, es waren allerdings so viele Menschen, daß man von der Natur nicht viel mitgekriegt hat.
Eine Hose hab ich mir gekauft, hellbeige, etwas grünlich, die sehr gut zu meinen Schuhen passt, die übrigens alle sehr bewundern. Auch eine rosa Bluse hab ich erstanden, aber nicht in dem Kaufhaus, wo wir waren. Das war mir dann doch zu teuer.
Es ist diese Woche schon sehr kühl geworden, in der Nacht hat es sogar schon einmal gefroren, aber noch sehr sonnig dazu. Aber mit dem Sommer ist es endgültig vorbei. Ihr habt gerade noch das letzte Zipfel erwischt. Laßt auch die Liselotte von mir grüssen. Ihr geht auch der Natasha ab, jetzt ist sie wieder viel allein, u. das passt ihr gar nicht. Ich hoffe, Ihr habt euch zu Hause wieder eingewöhnt, wie geht es denn mit der Zeitum- stellung? Das wird eine Weile dauern. Als dann, viele Grüsse an die Bockfliesser u. viele fette, amerikanische Bussi an Euch,
Eure Martina
Liebe Eltern!
Habe mit recht herzlichen Dank Euer liebes Päckchen erhalten. Diesmal empfing ich es in sehr, sehr gutem Zustand. Der Kuchen schmeckt ausgezeichnet. Auch dieses kleine Gebäck ist nicht zu verachten. Ein besonderer Gruß aus der Heimat, waren die Zeitungsausschnitte vom Vater. Darüber freute ich mich auch sehr. Dann habe ich fürm Vater ein kleines Päckchen Zigarren abgeschickt. Sobald Ihr diese erhaltet, teilt mir es sofort mit. Für mich wäre es eine große Freude, wenn Vater dieses Päckchen gut erhalten würde.
Habe sehr wenig Zeit, wir, der schwere, erste Zug haben Alarmbereitschaft. Es kann jeden Augenblick abgehen, zum Einsatz. Haben unsere Sachen gebackt, Munition empfang und jetzt ist alles fertig zum Marsch. Werden sehen, wo wir wieder auf mehrere Wochen hinkommen. Laß in einigen Tagen wieder von mir etwas hören, wenn wir genau in Kenntnis gesetzt sind. Wahrscheinlich kommen wir nördlicher als unsere Kompanie liegt. Der Russe zeigte die vergangenen Nächte lebhafte Spättrupp Tätigkeit. Er hat sogar vorgeschobene Post mit verschleppt. Auch unsere Aufklärer sind eifrig bei der Sache. Nun will ich schließen werde mich in einigen Tagen wieder melden. Letzten Dank fürs Päckchen
Recht herzliche Grüße sendet
Euch Euer Sohn
Karl.
Liebe Eltern!
Danke für euren Brief, ich habe inzwischen auch schon die Photos bekommen, sie gefallen mir sehr gut, u. ich schaue sie mir oft an, es ist schön, wenn man sich so die Erinnerung auffrischen kann. Endlich habe ich auch die Photos für euch, ich finde sie sehr gut, obwohl manche unscharf sind, aber trotzdem lustig. Ich hoffe, sie gefallen euch. Die Bilder die Kevin, mein Nachbar, gemacht hat, hab ich schon gesehen, sie sind sehr gut geworden, er hat mir Kopien versprochen, aber bis jetzt noch nichts. Die Rechnung vom Spital ist auch gekommen u. zwar eine saftige dazu, 139,47 Dollar! Ich hab angerufen u. sie haben gesagt, sie können warten. Ich habe es daher nicht bezahlt, und ihr müßt das jetzt bei der Versicherung einreichen. Falls ihr Schwierigkeiten habt, schickt mir die Rechnung u. ich werde versuchen, das zu regeln. Visa hat das anscheinend nicht automatisch verrechnet. Ich hoffe, das wird nicht allzu kompliziert.
Ich habe 2 Schnupfen hintereinander gehabt, sehr angenehm. Noch dazu über die Feiertage, letzten Donnerstag war nämlich „Thanksgiving“, dieser große „Erntedankfest“- Familienfeiertag. Ich war bei der Sara + Dick, die Marie- Anne war auch dort. Das Baby wird immer dicker u. ist sehr lieb. Ich hatte 4 Tage frei, auf die ich mich sehr gefreut hatte, u. dann war ich die meiste Zeit verkühlt. Sara + Dick werden, große Überraschung, für ein Jahr nach Paris ziehen. Er ist dorthin beruflich übersetzt worden u. sie fahren schon im Februar ab. Ruck, zuck, ist das gegangen. Es freut mich zwar sehr für sie, aber es tut mir auch leid. Sie werden mir abgehen. Ich hab mir gedacht, ich werde sie vielleicht nächsten Herbst, auf dem Weg nach Wien, besuchen. Ich war ja noch nie in Paris. Und so wäre es billiger.
Einen sehr schönen Wintermantel hab ich mir gekauft. Kurz, wie es jetzt modern ist, ein bissl überm Knie, schwarz, mit einem groben, weißen Karomuster, einem weiten, vom Hals entfernten Stehkragen, breite Schultern, u. eine Falte hinten in der Mitte u. hinter beiden Armen, falls ihr euch das vorstellen könnt. Eine Handtasche hab ich mir bei der Gelegenheit auch gekauft, schwarz, mit einer braunen Einfassung, sportlich. So passt das schwarz vom Mantel zum braun von den Stiefeln. Sehr chic (od. schick?).
Es ist schon spät, ich muß ins Bett. Das Aufstehen fällt mir sehr schwer, es ist noch ganz finster u. wenn ich nach Haus komm ist es wieder finster. Morgen fang ich an zum Schwimmen gehen. Als dann, laßt euch die Bilder gefallen!
Alles Liebe u. viele Bussi,
auch an Liselotte,
Eure Martina
Liebe Eltern!
Erhielt heute Zeitungen vom Vater mit recht herzlichen Dank. Einen von 2.11. und den zweiten Brief vom 9.11. Dann war auch noch Briefpapier beigelegt, mit dem Wunsch, recht fleißig zu schreiben. Ich werde mir die größte Mühe geben, denselben gerecht zu werden. Meistens ist das Thema nicht ausreichend. Selten ist bei uns ein Tag, wo besondere Vorfälle sind. Jetzt, wo ringsrum alles weiß eingehüllt ist, herrscht noch tiefer Frieden. Ich meine, wenn ein Laie hier vorn unterwegs wäre, der würde zum Russen hinüberlaufen, ohne daß er es merken würde.
Empfing auch euer Päckchen von Wittigs, worüber ich mich auch jedes Mal sehr freue. Sollte Ihnen auch eine Zulassungsmark für Weihnachten schicken. Hatte für diesen Zweck eine zurückgelegt. Vorher schon eine Mark schicken, daß kam mir zu bettlig vor. Ich weiß nur nicht, wie ich Ihnen zu Weihnachten auch eine Freude bereiten könnte.
Vom Bruder erhalte ich auch sehr lange keine Post. Ich vermute, daß diese Briefe übers Reich gehen.
Sonst gibt es nichts Neues. Bitte grüßt mir Onkels und Tanten. Will heute schließen und warten bis auf Euren nächsten lieben Brief.
Herzliche Grüße von Eurem
Sohn Karl
Liebe Eltern!
Ich habe eure Geburtstagswünsche erhalten, vielen Dank. Ich verstehe zwar nicht ganz warum es so kompliziert ist anzurufen, aber es ist ja egal. Ich habe endlich die Spitalsrechnung bezahlt, ich schicke euch den Abriss. Ich habe das Spital gebeten, mir eine Bestätigung zu schicken, habe aber noch keine erhalten, da der Abriss alleine ja sicher nicht genug ist.
Ich bin etwas deprimiert über meine Arbeit, weil es mir gar nicht gefällt. Ich habe schon angefangen, eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Das kostet halt immer Energien.
Maryanne hat mir zum Geburtstag kleine türkise Ohrringe geschenkt u. am Samstag waren wir zusammen Ohren stechen. Es hat ein bißchen weh getan, aber nicht sehr. Sie passen mir gut.
Sara + Mann + Kind fahren in 3 Tagen ab nach Paris. Es tut mir sehr leid um sie, weil sie mir abgehen wird. Obwohl ich sie nicht mehr so viel gesehen habe, seit sie das Baby hatte. Ich habe einmal auf die kleine Elisabeth aufgepasst, u. sie hat die ganze Zeit geschrien wie am Spieß.
Der Frühling ist bei uns überstürzt hereinge- brochen, es wird sicher noch nicht so bleiben, aber es ist einfach herrlich. Ich hoffe, daß es bis zu meinem Geburtstag so bleibt. Mein neuer Freund u. ich werden wahr- scheinlich etwas unternehmen. 30 wird man ja nicht alle Tage.
Natascha ist auf halbe Ration gesetzt worden, weil sie zu dick war. Das passt ihr gar nicht. Sie ist gekränkt.
Ich hoffe, Liselotte ist wieder ganz gesund. Wann fahrt ihr denn auf Erholung? Alles Liebe u. Gute, viele Bussi
Eure alte Martina
Liebe Eltern!
Wie ich erwartet habe, erhielt ich wirklich meine Weihnachtspost. Gleich ging ich ans Werk, um zu sehen welche Schätze diese fabelhafte Verpackung birgt. Vorläufig naschte ich an dem kleinen, knusprigen Gebäck, welches ausgezeichnet schmeckt. Dafür kann ich Euch, liebe Eltern, für diese Mühe nicht dankbar genug sein. Kann auf Mutters Kochkunst stolz sein. Wie bei der Geschützbedienung üblich ist, gibt jeder eine kleine Kostprobe von seiner Weihnachtspost. Mir wollten sie es nicht glauben, daß diese feinen Sachen, die Mutter selbst gebacken hat. Und die Verpackung ist sehr angebracht, denn sonst würden sich die Mäuse auch einen Teil holen.
Ich habe mich darüber wirklich sehr gefreut. Da kann ich trotzdem auch in Rußland ein schönes, unvergeßliches Weihnachtsfest feiern. Ein kleiner Tannenbaum wird auch nicht fehlen.
Dann erhielt auch von 1.12. einen netten Brief. Auch der Bruder schrieb mir schon wieder. Habe jetzt mit ihm gute Verbindung. Seine Post ist vom 8.12. Jetzt wird er schon bei Euch zuhause sein. Was für eine große Freude, nicht. Eine Weihnachtsüberraschung.
Wenn Pepperl jetzt daheim ist, kann er ja verschiedene Aufnahmen vom Neubau und sonstige Schnappschüße aus Bockfließ machen. Und ich erhalte dann in Wort und Bild Bericht aus seinem überraschenden Weihnachtsurlaub 1942. Wenn ich in nächster Zeit auch von Euch den Film erhalte, kann ich herrliche Winterlandschaften machen.
Nun will ich zu Ende kommen. Auch ein schicksalschweres Jahr geht zur neige. Damit wünsche ich euch, liebe Eltern, sowie Payerl ein gesundes und glückliches Neujahr!
Herzliche Grüße
Euer dankbarer
Sohn Karl
Liebe Eltern!
Ein richtiges Aprilwetter haben wir hier, es regnet dauernd. Ich wollte euch zu Ostern anrufen, aber ihr wart bei Liselotte. Sie hat euch ja sicher erzählt, daß ich ein Haus gefunden habe, für die Woche vom 15. bis 22. August. Ich schicke euch einen Plan, wo Ihr sehen könnt, welche Ortschaft es ist. Es ist nicht sehr groß, hat aber einen großen Garten u. ist am Wasser. Hoffentlich haben wir schönes Wetter, aber August ist der beste Monat dafür. Ich freue mich schon.
Hoffentlich geht es Papa wieder besser. Das muß ein schöner Schreck gewesen sein. Ich habe auch Nachrichten. Mein Freund u. ich werden doch nicht miteinander einziehen. Es ist uns doch noch beiden zu früh. Ich habe aber eine kleine Wohnung für mich selbst ge- funden. Es ist nur 10 min. von der Arbeit weg, kann also zu Fuß gehen u. liegt an einem Park. Es ist ein Altbau, mit hohem Plafon. Es gefällt mir sehr, obwohl es schon sehr klein ist. Die Küche u. Bad ist winzig, ein normaler Vorraum, u. ein großes Zimmer mit Schlaferker. Obwohl ich mich ja mit Sarah gut verstehe, freue ich mich doch, endlich einmal auf niemanden Rücksicht nehmen zu müssen u. mir alles so einrichten kann, wie ich es will. Es ist auch in der Nähe von meinem Freund, so ist es ein Mittelmaß.
Ansonsten gibt es eigentl. nichts Neues. Die andere Sara wird immer dicker. Die werden übrigens im Sommer in der Nähe von uns ein Haus mieten u. dann können wir sie besuchen. Am Samstag gehen wir zu einer Hochzeit. In der Arbeit ist es wieder ruhiger geworden u. ich habe wieder mehr Zeit. Ansonsten ist alles in Ordnung bei mir. Ich ziehe am 1. Juni um, sobald ich eine Adresse habe schreibe ich euch. Gute Besserung wünsch ich dem Papa, er soll sich mehr erholen. Schreibt mir wieder. Als dann, Grüße u. Bussi an die ganze Familie u. an euch zwei,
Eure Martina
Liebe Eltern!
Heute erhielt ich schon wieder mit großer Freude einen Luftfeldpostbrief von 5.2. da hat die Mutter noch schnell vor dem Schlafengehen einige nette Zeilen mir geschrieben. Darauf träumte Mutter vielleicht von Ihren zwei großen Jungen. Im Traum war ich auch schon öfter da heim. Aber auch dazu kommt noch die Zeit.
Vor einigen Tagen waren wir im Front-, selbst aus der Stellung brachten uns Kameraden, zwei Stunden Lachen und Frohsinn. Freuden und Leiden. Leiden der Landhers zeigten sie auf der Bühne. Alles was ein Land … bedrückt gaben sie gereimt und wahrheitsgetreu wieder. Wie Ablösung Urlaub, Kriegsende, Verpflegung und Posten stehen erzählten sie uns im Landhersprache, wie es wir täglich am eigenen Körper verspüren und darum löste diese Darbittung Lachsalbe um Lachsalbe aus. Ein Feldwebel hatte die Leitung und die Zusammenstellung war allgemein gelobt worden. Froh gelaunt machten wir uns dann auf den Heimweg. Öfter erzählen wir uns Witze daraus und verschiedene, sehr gut gemachte Stücke. Jedesmal lachen wir wieder.
Jetzt hatten wir einige Tage typisches Winterwetter. Mit grauen, schwarzen Wolken war der Himmel verfangen. Der Schnee wollte überhaupt kein Ende nehmen und der Wind fegte über Felder und Wälder. Ein rauschen und ächzen ging durch die Baumrießen, wenn sie so hart angefaßt wurden.
Aber mit jeden Tag kommt das Frühjahr näher. Der Jänner war doch blitzschnell weg. Und was wird dann kommen?
Auch vom Bruder erwarte ich bald Post. Er wird sich Berlin doch schon angesehen haben. Solch eine Abwechslung würden wir ohne zu überlegen mitmachen.
Und nun will ich schließen.
Herzliche Grüße und ein frohes Wiedersehen.
Euer Sohn Karl.
Liebe Eltern!
Es ist Ostermontag, leider muß man da bei uns aber arbeiten. Es ist aber nicht viel zu tun u. so schreibe ich euch.
Der Urlaub ist leider wieder vorbei, es war schön u. erholsam. Es war sehr heiß, es wäre euch glaube ich zu heiß gewesen, u. so waren wir sehr faul. Der Max ist sehr lieb u. anscheinend kennt er doch, daß ich eine Verwandte bin. Ich bekomme morgen die Photos zurück für Liselotte, euch schicke ich auch eines mit. Eine Vergrößerung von der Fam. Moldaschl. Don und ich werden erst im September kommen, weil der Mai jetzt ja gleich da wäre u. ihr bekommt auch Besuch.
Ich schicke eine Karte an Resi-Tante mit, sie will ja keine Post.
Gestern hab ich uns ein Osteressen gemacht, daß wir auch ein bißel feiern.
Am Mittwoch ist Don’s Geburtstag, da werd ich ihm eine Torte backen, seine Freunde hab ich auch heimlich eingeladen, die kommen dann als Überraschung.
Braun bin ich nicht sehr, ich war eher vorsichtig. Das Meer war aber toll, warm u. man konnte gut schwimmen, das Wasser war ganz grün u. der Himmel blau, das sieht man auf den Bildern gar nicht so.
Der Max ist den ganzen Tag unterwegs, man muß sehr aufpassen. Er ist aber sehr freundlich u. lacht alle an.
Jetzt geht aber der Ernst des Lebens wieder an. Diese Woche habe ich Autofahrschule. Ich möchte näml. endlich mit Kupplung fahren lernen, damit ich mit Don’s Auto fahren kann.
Laufen werde ich auch wieder anfangen, wenn es wieder heller ist.
In der Arbeit fange ich endl. zum Entwerfen an, mein erstes Stück wird gerade gedruckt. Ich werde euch eines schicken, wenn es fertig ist. Sonst fällt mir nichts Neues ein, laßt die Mederitsch’s schön grüßen u. Resi-Tante auch. Bei uns hat es viel geregnet in letzter Zeit, aber es wird schon langsam wärmer. Bei euch auch? Geht ihr spazieren?
Bei uns wurde die Post erhöht, 25 cent für einen Brief. Ich bekomme heuer eine anständige Summe von dem Steuerausgleich zurück, das werde ich sparen.
Also, bis zum nächsten Mal,
viele liebe Grüße u. Bussi an euch beide, Eure Martina
Liebe Eltern!
Dieser Brief vom 16.5. bereitete mir besonders große Freude. Dem Pepperl und der Vater fügten auch einige Zeilen bei. Dafür meinen herzlichsten Dank. Erstaunt war ich, als ich auf der nächsten Seite den Bruder seine Schrift erkannte und seine Zeilen las. Wenn er am 18.5. schon wieder von daheim fort ist, befindet er sich jetzt bereits bei seiner Einheit. Vielleicht erhalte ich in den nächsten Tagen schon ein Schreiben mit seiner neuen Anschrift. Das wär fein.
Denn schon sehr lange hatte ich mit ihm keinen Briefwechsel mehr. Allerdings wird er auch im Südabschnitt landen. Aber dieser ist fühlbar groß. Trotzdem können wir mal unerhofft zusammen treffen. Dieses Jahr werden wir noch öfters überrascht werden. Bei uns ist ein großes Rätselraten im Gange, wo es dieses mal los geht. Vorläufig ist es bei uns noch sehr ruhig. Genau wie im Mittelabschnitt. Von unseren schweren Waffen wird sehr wenig Gebrauch gemacht. Es hat den Anschein, ob überhaupt nur einige Geschütze dastehen. Dagegen macht der Russe schon mehr Betrieb. Er setzt Granat verschiedenen Kalibers uns vor die Nase. Aber uns kann er so leicht nichts anhaben. Unser Bunker hält manche schweren Sachen ab. Vergangenen Tage waren etliche Überläufer zu zählen. Sie hatten Angst, vor der kommenden deutschen Offensive. Im nächsten Tag, schon am frühen Morgen, war ein russischer Feuerüberfall nach dem anderen. Da ließen sie, die Kommissare ihre Wut aus. Wir lachten nur darüber.
Da werde ich bei meinen Urlaub auch schönes Wetter haben. Und die Kirschen werden reif sein? Darauf freue ich mich auch schon. Will Euch das Warten nicht zulange machen. Euch des nächsten Monats nehme ich mir meinem Urlaub. Vorausgesetzt es treten nicht unvorhergesehene Ereignisse ein. Glück muß man haben. Vater braucht auch eine tüchtige Hilfe.
Und nun die besten Grüße von Eurem
Sohn Karl.
Liebe Eltern!
Ich wollte euch schon die ganze Woche schreiben, aber euer Brief ist mir zuvor gekommen! Es ist Sonntag abend, ich habe dieses Wochenende viel geputzt, die Küche und das Bad gründlich sauber gemacht, Wäsche gewaschen usw. Es hat den ganzen Tag geregnet.
Ich bin froh, daß euch nichts passiert ist mit dem Auto. Das ist ein großer Schrecken, der einem lang in den Knochen steckt. Andererseits kann man nicht immer zu Hause sitzen.
Ich muß euch heute etwas unangenehmes mitteilen u. bitte euch im vorhinein euch nicht aufzuregen. Ich habe mich nach langem Überlegen von Don getrennt. Wie ihr wißt, kennen wir uns schon seit 3 Jahren u. ich wollte eigentlich schon seit langem heiraten od. zumindest zusammen ziehen. Leider war Don dazu nicht bereit. Ihr könnt euch sicher vorstellen, daß mir dieser Entschluß nicht leicht gefallen ist, da wir uns ja an sich gut verstehen. Irgendwie möchte ich aber doch mehr Sicherheit von einer Beziehung u. es ist mir irgendwie zu blöd geworden, immer zu warten. Es tut mir leid, daß ich euch wieder einmal eine Aufregung bescheren muß, aber es geht mir eigentlich gut. Ich habe mich schon seit einem Jahr damit herum geschlagen u. gewartet. Ich habe mich eigentlich nicht allzu sehr aufgeregt, anscheinend, nach den vielen Trennungen die ich schon erlebt habe, kommt man auch damit in Übung. Ich bin auch nicht einsam, ich habe noch immer Freundinnen u. Bekannte, und eine Arbeit die mich ausfüllt. Ich habe endlich einen Auftrag in der Arbeit bekommen, den ich alleine entwerfen kann. Einen Jahresbericht für eine Schule, und ich freue mich schon darauf.
Die Liselotte weiß es schon, ich habe sie angerufen. Sie war sehr erstaunt u. auf den Don böse. Ich will ihm nicht ganz alleine die Schuld in die Schuhe schieben, es gehören ja bekanntlich immer zwei dazu. Manchmal hoffe ich auch, daß sich noch einmal alles einrenken wird.
Die Wahlen sind vorbei, Dukakis wäre mir eigentlich lieber gewesen, aber mich haben sie nicht gefragt! Diesen Donnerstag ist bei uns ein Feiertag „Thanksgiving“, das große Truthahnessen. Ich bin bei Sara eingeladen. Freitag haben wir auch frei.
Ich lasse es mir gut gehen, gehe oft turnen u. habe mir einige neue Kleidungsstücke gekauft. Übermorgen gehe ich ins Konzert, da spielen die Wiener Symphoniker, darauf freue ich mich schon. Ihr braucht euch also keine Sorgen zu machen. Liselotte wollte, daß ich zu Weihnachten komme, u. sie wird wahrscheinlich böse auf mich sein. Es kostet aber so viel u. ich möchte mir den Urlaub lieber für den Sommer aufheben u. ich komme dann wieder für 2 Wochen. Ich werde jetzt noch ein bissel lesen u. dann morgen, fängt die Arbeitswoche wieder an. Es sind jetzt öfters Nachrichten von Ungarn u. der Tschechoslowakei, da tut sich einiges.
Laßt alle schön grüßen u. viele Bussi an euch beide,
Eure Martina
Liebe Eltern!
Warte auch selbst, mit jeden Tag auf Post rechnend, vergeht Woche um Woche. Nun bin ich schon drei Wochen fort und erhielt von niemand Post. Obwohl wir hier ein ruhiges Leben führen, Kino und Theater besuchen, baden und spielen können, sehnen wir uns auch auf Nachrichten von unseren Lieben daheim. Der Postverkehr ist hier das Einzige, damit wird Gleichgewicht behalten und ruhig unseren Dienst ausführen können. Was würde das Leben bedeuten, wenn man keine Menschen auf dieser Welt hätte, der es gut meint.
Vielleicht gibt es Transportschwierigkeiten, damit wir so selten Post erhalten. Es sind jetzt bestimmt viele Züge unterwegs, welche viel wichtiger sind.
Auch hier haben wir noch ein herrliches Wetter. Der Mutter ihr Lieblingsobst, Tomaten, gibt es hier reichlich. Ganze Felder stehen hier voll von Tomatenstauden. Mit Gurken ist es dasselbe. Auch Obst treffen wir hier an, aber es ist nicht veredelt. Da könnt ihr verstehen, daß hier wir länger aushalten würden.
Gibt es daheim Neuigkeiten. Wie weit ist unser neues Heim fertig? Könnt Ihr schon bald einziehen.
Recht herzliche Grüße sendet
Euch Euer Sohn
Karl.
Liebe Eltern!
Es ist Freitag Abend, soeben habe ich ein bißchen geputzt, aber nicht viel! Bei uns ist gar kein strenger Winter, hoffentlich schneit es dann nicht im April. Morgen kommt die Sarah (meine alte Wohnkollegin) zum Abendessen, u. am Sonntag möchte ich eislaufen gehen. Ich war zwar schon seit Jahren nicht, aber es wurde hier in der Nähe ein Platz aufgemacht, den möchte ich probieren. Heute war die Angelobung vom neuen Präsidenten. Es wird sich aber kaum was ändern.
Liselotte hat mir erzählt, daß Resi-Tante im Heim ist. Das ist sowieso für sie besser. Traurig, aber wahr. Zahlt das alles ihre Pension? Hoffentlich ist das auch für euch eine Erleichterung.
Wir haben zweimal hier im Haus einen Wasserrohrbruch gehabt. Mitten in der Nacht. Es war eine ziemliche Schweinerei. Gottseidank ist in meiner Wohnung nichts passiert. Ich habe aber auch eine Versicherung für die Wohnung.
Den Don hab ich einmal zum Essen getroffen. Er wollte es wieder probieren. Aber ich finde, probiert haben wir es lange genug. Wenn er mir einen Heiratsantrag gemacht hätte, wäre das wieder was anderes. Vielleicht bin ich zu stur. Ich glaube, aber nicht.
Die Photos von Max, (von Liselotte) sind sehr lieb.
Ich habe einen neuen Kurs angefangen. Einen Computerkurs für Graphiker. Ganz Interessant. Alles Liebe u. viele Bussi an Euch beide. Eure Martina
Liebe Eltern!
Mit sehr großer Freude und den besten Dank erhielt ich Euer liebes Päckchen. Die Süßigkeiten schmeckten mir wieder ausgezeichnet. Und die Äpfel waren prachtvoll, daß war ein Genuß da rein zubeißen.
Sind jetzt bereits schon wieder in Einsatz. Augenblicklich ist die Freizeit sehr knapp und deshalb auch der Briefverkehr etwas spärlich. Post erhielten wir vor einer Woche die Letzte, mir kommt es schon eine Ewigkeit vor. Was gibt es Neues, wir hören überhaupt nichts, was in der Welt vorgeht. Erhalten keine Zeitungen und keine Wehrmachtsberichte, und hören keine Nachrichten. Wie verlief alles in Italien. Wie ich daheim war, da dachten wir bestimmt nicht, daß es so kommen wird.
Schade, daß wir keine Nachrichten erhalten. Für dieses Unternehmen war wir Landher weitestens begeistert. Wir wünschten den Italiener alles, nur nichts Gutes. Mit dem „deutschen Michel“ ist jetzt wirklich nicht zu spaßen.
Auf Euer nächstes Schreiben bin ich schon sehr gespannt. Nun müßt ihr schon bald einziehen können. Für Euch muß doch das ein großes Glück bedeuten, endlich, wenn Ihr wieder ordentlich leben könnt. Und wenn ich jetzt an das viele Obst denke, das es daheim gibt, da könnte ich anbeißen. Das Wasser läuft mir im Munde zusammen.
Welche Nachricht erhielt Ihr von Bruder, schon lange erhielt ich kein Schreiben. Es wird ihm noch ganz gut gehen. Die große Hitze wir jetzt vorbei sein.
Herzliche Grüße sendet Euch Euer
Sohn Karl.
Hallo, meine Lieben!
Ich bin in der Arbeit, der Umzug ist hinter uns, aber es ist natürlich noch ein großes Durcheinander. Die Wohnung ist in einer sehr schönen Gegend, so wie in Hietzing ungefähr, aber am Fluß. Sie hat auch einen offenen Kamin. Sonntag hab ich Fenster geputzt. Die neue Adresse ist:
GIBSON TERRACE
APT. 1 B
CAMBRIDGE, MA 02138
USA
TEL. 617 – 576 – 1316
Den Teppich hab ich gleich putzen lassen, er ist wieder wie neu.
Übrigens, Werner (Teufert) hat von New York angerufen. Er war gerade vor dem Abflug nach Wien, er war nicht in Boston. Es war etwas komisch, aber es war nett, daß er sich gemeldet hat.
In den Nachrichten hör ich dauernd was von Unruhen in Yugoslawien. Liselotte sagte, ihr seid aber ganz woanders auf Urlaub. Hoffentl. merkt ihr davon nichts. Vielleicht sprechen wir uns vorher noch.
Ostern habe ich packend verbracht u. eigentl. ignoriert.
Die Wohnung ist auch frisch gemalt, leider etwas klein für 2. Wir werden sehen, ob wir das aushalten.
Sonst fällt mir nichts mehr ein. Wir freuen uns schon sehr auf Griechenland!
Viele Bussi, eure Martina
Liebe Eltern!
Mit sehr großer Freude erhielt ich Euer liebes Schreiben von 10.9. Nicht, die Post ist unverschämt lange unterwegs, da kann man warten und wieder warten. Jetzt habe ich bestimmt zwei-drei Wochen von niemand Nachricht erhalten. Das macht dann das Warten noch länger.
Ansonst geht es uns augenblicklich nicht schlecht. Liegen in einer großen schönen Stadt. Die Kompanie ist in einer früheren, russischen Schule untergezogen. Vier bis fünf Mann liegen zusammen. Haben uns die Zimmer sehr gemütlich eingerichtet, die fehlenden Möbel haben wir uns auch sehr geschmackvoll zusammengefügt. Es ist alles modern eingerichtet. Elektr. Licht, fließendes Wasser, Bad mit Warm Wasser und Klosett mit Wasserspülung. Federbetten hätte ich bald vergessen. Es ist alles da, was das Herz begehrt. Mehr können wir bestimmt nicht verlangen. Da wir alle beisammen liegen wie in einer Kaserne ist der Dienst auch kasernenmäßig angesetzt. Aber trotzdem ist es sehr schön, man kann hier wieder Mensch sein.
Freue mich auch sehr, daß Vater die Zigaretten gut erhalten hat. Erhielt auch von Gidi Onkel einen Kartengruß. Weiß aber gar nicht, wo sich Jakob Onkel befindet?
Leider sind die Tomaten alle. Aber genug, mehr als genug haben wir dieses Jahr gegessen. Es war unser Obstersatz. Nun will ich zum Schluss kommen. Der Mutter meinen herzlichsten Glückwunsch zum Geburtstag am 25.10. und weiterhin alles Gute. Recht herzliche Grüße sendet Euch
Euer Sohn
Karl.
Liebe Eltern!
Es ist Freitag Abend, ½ 9 h, ich bin müde von der ganzen Woche. Mein Schnupfen ist wieder gut. Ich war beim Arzt, er hat mir Antibiotika verschrieben. Heute bin ich ein bißchen einsam. Ich hätte doch gern wieder einen Freund, hab aber noch keinen kennen gelernt.
Bei der Erni war es recht lustig. Wir haben auch einen kleinen Ausflug gemacht. Ich hab euch ganz vergessen zu schreiben, daß meine Beine für eine Werbung für Schuhe verwendet wurden. Meine Firma hat näm- lich eine Schuhfirma als Kunden, u. so ist das zustande gekommen. Es war lustig so Model zu stehen u. photographiert zu werden. Ich werde euch welche schicken. Voriges Wochenende war ich mit Joan, Jimmys Schwester, spazieren. Das ist die Photographin. Sie hat sich nach Jahren wieder bei mir gemeldet. Leider geht es ihr nicht gut. Sie hat einen Tumor am Rückgrad, der zwar gutmütig ist, aber nicht zum weg operieren geeignet ist. Sie mußten Knochen weg operieren u. für den Tumor Platz machen. Sie hat mir auch erzählt, daß der Jimmy noch immer so viel trinkt u. seine zweite Ehe auch nicht besser ist. Also hab ich doch was richtig gemacht.
Einen CD-Spieler hab ich mir gekauft, das wird euch vielleicht noch die Liselotte erzählt haben. Das ist wie ein Plattenspieler, aber besser. Klingt sehr toll.
Hoffentlich geht es euch gut u. ihr seid gesund. Ich freue mich schon auf den Sommer. Dem Max hab ich schon seine Buchstaben geschickt. Viele liebe Bussi an euch alle –
Ich hab euch beide sehr lieb, Eure Martina
Meine lieben Eltern!
Will wieder ein Lebenszeichen von mir geben und Euch, liebe Eltern, eine Sorge abnehmen. Mir geht es nämlich soweit ausgezeichnet. Der Iwan verhält sich in unserem Abschnitt ziemlich ruhig und mit „den Händen in der Tasche“ müssen wir anscheinend ganz unberührt zusehen, wie unsere liebe Heimat von diesen Horden plündernd und raubend bestraft wird. Ob er es hier oben bei uns ganz aufgegeben hat, Versuche jeglicher Art zu unternehmen? Oft genug mußte er es spüren, daß mit den Rußlandkämpfern nicht gut Kirschenessen ist. Voller Ungeduld warten wir, ob wir uns nicht auch bald verändern würden.
Sehr schwer treffen mich die Aufeinander folgenden Angriffe auf die Heimatstadt und zuletzt auch Dresden. Dann kommt noch dazu, daß die Post sehr mangelhaft ist! Man weiß gar nicht, was los ist. Habt ihr schon Nachricht vom Bruder?
Nun wünsche ich mir, daß nach diesem jetzigen Sturm, der anscheinend die Welt aus den Angeln heben will, wir uns alle gesund wiedersehen.
Die herzlichsten Grüße Euer Sohn Karl.
Hallo, meine Lieben!
Ich mache gerade Mittagspause in der Arbeit, es regnet, am Wochenende hatte es 30° Grad! Max hat mich angerufen u. mir vom Mausanzug erzählt, habt ihr ihn schon bewundert? Erni hat mich auch gestern angerufen, ihrer Mutter geht es sehr schlecht u. sie wird wahrscheinlich verfrüht mit den Kindern nach Hause fahren. Sie wollte mich im Juni besuchen, u. wird jetzt doch nicht kommen.
Ich habe zu schwimmen angefangen, statt Laufen, zur Abwechslung, 3 x in der Woche, wenn es sich ausgeht.
Sara + Dick haben ein neues Haus gekauft, sie ziehen heute um. Es ist nicht viel weiter, als wo sie jetzt wohnen.
Bei meinem Auto war was kaputt, hat aber nicht zu viel gekostet u. es läuft wieder fein. Ich bin doch froh, daß ich es habe.
Im July werde ich wahrscheinlich mit einer Kollegin auf eine Woche auf Urlaub fahren, zum Grand Canyon, das ist eines der sieben Weltwunder, u. nach Santa Fe zu den Indianern. Damit ich auch von diesem Land mal was sehe.
Ich hoffe, es geht euch gut, jetzt gibt’s ja im Garten wieder mehr Arbeit. Heute ist bei euch ein Feiertag, bei uns leider nicht. Als dann, viele Bussi –
Auf bald, Martina